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Mit GIS, Karten und Geodaten Geographien der Hoffnung schaffen

· 14 Minuten Lesezeit
Fedora

In den vergangenen Jahren beschäftigte ich mich mit zwei großen Themen: Gegen Zerstörungen und Katastrophen kämpfen und über Zerstörungen und Katastrophen lernen. Politisch aktiv geworden bin ich mit dem Großwerden der aktuellen Klimagerechtigkeitsbewegung 2018/2019. Seitdem ist der Kampf gegen die Klimakatastrophe, aber auch gegen soziale Ungerechtigkeit und Faschismus, insbesondere in den heutigen Tagen, ein ständiger Begleiter. Ob in Lützerath oder hier in Kiel. Screenshots mehrerer Mastodon-Posts (von links nach rechts): 1. Bild: Das Gefühl, #Barrikaden zu bauen, um einen Ort, der aufgrund von offensichtlich falschen Entscheidungen zerstört werden soll, ist in einer #Demokratie vollkommen surreal. Aber in #Lützerath gerade Realität. Durch die Räumung werde der #Rechtsstaat verteidigt, heißt es von Politikerseite. Durch die Besetzung Lüzeraths wird das Pariser #Klimaabkommen verteidigt, steht dem auf einem Banner entgegen. (1/6). 2. Bild: Die Räumung findet aufgrund fadenscheiniger Gründe statt. Die #Kohle unter #Luetzerath wird nicht für die #Energiesicherheit benötigt. Ein Abbauen der #Kohle wird das #1komma5 Grad Ziel sprengen und gegen das deutsche #Klimaschutzgesetz verstoßen. Die #Klimakatastrophe wird sich weiter verschlimmern. Bereits jetzt ist sie für viele Menschen im globalen Süden die Hölle und wird ihre und unsere #Zukunft zerstören. (2/6). 3. Bild: Während mensch weiter #Barrikaden baut, schießt die Frage durch den Kopf, welchen Wert politische und wirtschaftliche Systeme haben, die ihre eigenen Gesetze und #Völkerrecht missachten, und die die Zerstörung unser aller Zukunft und Lebensgrundlagen nicht verhindert. (3/6). 4. Bild: So sitze ich hier, mit Blick auf den Tagebau #Garzweiler und stelle mir diese und weitere Fragen und kämpfe mit Trauer und Wut angesicht der anstehenden Räumung. Es ist so frustrierend, mit all dem Wissen über die #Klimakrise, das selbst angeeignet oder durch das #Geographie Studium angeeignet wurde, hier zu sitzen. Trotzdem versuche ich mir vorzustellen, dass eine bessere Welt möglich ist und werde weiter dafür kämpfen. (4/6). 5. Bild: Nur der Gedanke, am Montag wieder zur #Lohnarbeit zu müssen, reißt einen wieder raus. Aber die Gedanken werden auch im Büro und im Alltag bleiben. (5/6). 6. Bild: Die #Räumung wird sehr hässlich. Die #Polizei und #RWE werden all die Menschen, die eine bessere Zukunft wünschen, mit aller Macht und Brutalität hier rauszerren. Ich wünsche allen Menschen, die in #Lützerath und anderswo unser aller Zukunft verteidigen, viel Kraft. Wir sehen uns hinter den #Barrikaden oder auf der #Großdemo. #LütziBleibt #LuetziBleibt (6/6). Mit dem ersten Tag des Geographiestudiums war das Lernen über die ökologischen und sozialen Katastrophen der Gegenwart Teil meines Lebens. Denn ein großer Teil der Geographie befasst sich mit den unzähligen ökologischen und sozialen Bedrohungen, denen wir gegenüberstehen (Lawson 2007, S. 335). Und auch wenn sich nicht jede Vorlesung damit befasst hat, so war es doch immer möglich, das neu Gelernte mit den ökologischen und sozialen Bedrohungen und Katastrophen der Gegenwart zu verknüpfen. Mit GeoDatenGuerilla führe ich den Aktivismus und Werkzeuge aus dem Geographiestudium zusammen und kartiere drohende Zerstörungen und schreibe darüber, wie sich GIS, Geodaten und Karten als Werkzeuge für eine bessere Welt einsetzen lassen.

Doch trotz all der Krisen gibt es Grund zur Hoffnung. So wie die Geographie und andere Wissenschaften die (ökologischen) Bedrohungen, Katastrophen und die mit ihr verbundenen Ängste erforschen, so erforschen sie auch, wie Hoffnung entsteht und welche Werkzeuge uns zur Verfügung stehen, um Hoffnung zu schaffen. Diese wissenschaftliche Perspektive formuliert Lawson (2007, S. 335) passend: Zu unserem Überleben gehört es, die Auswirkungen der Angst zu verstehen und sie zu überwinden, indem wir hoffnungsvolle Alternativen theoretisieren und in die Tat umsetzen. Und so finden sich wissenschaftlichen Arbeiten zu hoffnungsvollen Alternativen und ihren Praktiken unter dem Schlagwort Geographie der Hoffnung. Damit zeigt sich, dass die Geographie mehr ist, als die ökologischen und sozialen Fragestellungen, mit denen sie sich beschäftigt. Die Geografie verfügt über alle Instrumente, um Raum für alternative, hoffnungsvolle Visionen des sozialen, ökologischen und politischen Lebens zu schaffen (Lawson 2007, S. 336). Ich möchte im folgenden die Geographie der Hoffnung aber nicht als wissenschaftliches Untersuchungsgebiet nutzen, sondern als Praktik verstehen, Alternativen zu unserer ungerechten Welt und damit Hoffnung zu schaffen. Da ich mich mit GeoDatenGuerilla hauptsächlich mit GIS (Geographische Informationssysteme), Karten und Geodaten in politischen Kontexten beschäftige, stellt sich die Frage, wie sich GIS, Geodaten und Karten als Werkzeug nutzen lassen, Hoffnung zu schaffen. Um dem nachzugehen, möchte ich zunächst zeigen, wie sich durch Katastrophen Möglichkeitsfenster ergeben, Hoffnung zu schaffen. Danach zeige ich die lokalen und gemeinschaftlichen Eigenschaften der Geographien der Hoffnung und schlussendlich GIS als Werkzeug der Hoffnung.

Aus Katastrophen Hoffnung schöpfen

Die Geographie ist eine Wissenschaft, die sich viel mit Katastrophen und ökologischen und sozialen Bedrohungen auseinandersetzt (vgl. Lawson 2007). Mit Klima- und Biodiversitätskrise ereignen sich Katastrophen, die unser aller Lebensgrundlagen bedrohen. Doch trotz dieser Bedrohungen scheint es Hoffnung zu geben. Denn die Forschung über Katastrophen zeigt, dass Katastrophen immer auch Handlungsräume ermöglichen, in denen Alternativen geschaffen werden können.

Ausgangspunkt der Überlegung, wie Handlungsräume entstehen, ist, dass die Kraft der Katastrophe in der Unterbrechung des Alltagslebens [liegt] (Cretney 2017, S. 5). Die Normalität, der Alltag und das politische Handeln der Institutionen in der Zeit zuvor ist geprägt durch kapitalistische Praktiken, die Ungerechtigkeiten verursachen. Mit der Katastrophe kommt der Bruch dieser Normalität und es stellt sich unweigerlich die Frage, wie der Wiederaufbau organisiert, die Lasten verteilt und die Zeit nach der Katastrophe gestaltet werden soll (Cretney 2017, S. 1ff). Die Politik der Vor-Normalität wird bei der Bewältigung der Katastrophe zu einer ungleichen Verteilung der Lasten und Folgen führen und die Ungleichheiten der Vor-Normalität aufdecken (Cretney 2017, S. 7). Wir sehen das symbolhaft an der Klimakrise. Der globale Süden, gefangen in neokolonialen Abhängigkeiten zum globalen Norden, ist durch seinen geringen Beitrag am weltweiten CO2-Ausstoß kaum für die Klimakrise verantwortlich. Allerdings leidet der globale Süden am meisten unter der Klimakrise. Gleichzeitig wird der globale Norden seiner Verantwortung nicht gerecht und kommt nicht im ausreichenden Ausmaß für die Folgekosten auf und überzieht durch mangelnde Klimaschutzmaßnahmen seine eigenen Kohlenstoffbudgets. Aus diesen beiden Konstellationen, die Aushandlung des Wiederaufbaus und die aufgedeckte Ungleichheit, bieten sich nun Anlässe, sich mit verschiedenen Wirtschafts- und Gesellschaftsformen auseinanderzusetzen und für die Schaffung und Aufrechterhaltung von Alternativen zu kämpfen (Cretney 2017, S. 2ff).

Dieses Möglichkeitsfenster kann von lokal verankerten Akteur*innen genutzt werden, für Partizipation an den politischen Wiederaufbauprozessen kämpfen. Damit sorgen sie (im Besten Fall) für die Beteiligung vieler betroffener Menschen und für die Veränderung von Governance-Prozessen. Der gleichzeitige Aufbau von Gemeingütern stellt ein Infragestellen der derzeitigen kapitalistischen Praktiken dar. Damit können Katastrophen Praktiken und Werte fördern, die Alternativen ermöglichen (Cretney 2017, S. 6f). Hierbei kann die Nutzung von Geodaten- und GIS-Technologien ein wertvolles Werkzeug sein, um Gemeinschaftsprojekte und Partizipation zu fördern (Klinkenberg 2007, S. 355).

Da das beschriebene Handeln von lokalen Akteur*innen ausgeht, scheint es, dass Gemeinschaft und Lokalität wichtige Aspekte bei der Schaffung von Hoffnung sind.

Lokalität der Hoffnung

Ob nach Katastrophen oder im alltäglichen politischen und gesellschaftlichen Handeln, es kristallisieren sich zwei wichtige Aspekte heraus, die für die Schaffung von Hoffnung essenziell sind: Die Lokalität und die Gemeinschaft. Lokalität meint hier die lokale räumliche Ebene, auf der Menschen leben und handeln. Des Weiteren sind mit der Lokalität die alltäglichen Handlungen der Menschen eng verbunden. Zum einen ist es der lokale Widerstand gegen die herrschenden Verhältnisse bzw. ungerechten Katastrophenbewältigungen, der Wege aus Katastrophen und zu gesellschaftlichen Alternativen aufzeigt (Cretney 2017, S. 6). Zum anderen kann ein Experimentieren in den alltäglichen Handlungsformen, mit dem bspw. alternative Ökonomien eingebunden werden, ein Katalysator für eben jenen gesellschaftlichen Wandel sein (Cretney 2017, S. 6). Das bedeutet, dass die Menschen Widerstand in ihren Nachbarschaften und Gemeinden organisieren müssen und alternative Praktiken in ihre alltäglichen Handlungsabläufe integrieren müssen. Hierbei ist es entscheidend, gemeinschaftlich zu handeln und so Gemeingüter aufzubauen und damit neue gesellschaftliche Handlungsformen zu implementieren. Basierend auf der Verbesserung des lokalen Umfelds und dem Einbringen verschiedener Perspektiven der Menschen, können damit gemeinschaftlich (in der Bewältigung der Katastrophe) Formen von Ungerechtigkeiten und die herrschenden Verhältnisse in Frage gestellt werden (Cretney 2017, S. 7; Klinkenberg 2007, S. 355).

Ein wichtiges Werkzeug für lokale Akteur*innen und Gemeinschaften kann die Nutzung von GIS und Geodaten sein. Und dies wird tatsächlich von Gemeinschaften auf der ganzen Welt genutzt, um ihre Arbeit zu unterstützen, zu verbessern und ihre Anliegen besser zu kommunizieren (Pavlovskaya 2018, S. 41ff). Oftmals nutzen indigene Bevölkerungsgruppen Counter-Mapping/Gegenkartierungen, um für ihre Rechte zu kämpfen, Initiativen nutzen GIS als Tool, um Öffentlichkeitsbeteiligungen zu stärken, in Städten versuchen Gemeinschaftsprojekte GIS, Stadtplanung und Ökologie zu verbinden, um eine sozialökologische Stadtplanung voranzutreiben (Lawson 2007, S. 336; Pavlovskaya 2018, S. 45). Das Ergebnis solcher Projekte ist dabei oftmals, dass mit der Kartierung Hoffnung, bspw. Orte alternativer Ökonomien, auf die Karte gesetzt wird, womit sich die Hoffnung bzw. Alternativen auch möglich oder real anfühlen (Pavlovskaya 2018, S. 44f). Denn Karten reproduzieren soziale Wirklichkeiten und machen damit die Hoffnung möglich. Außerdem ermöglichen die Demokratisierung von Geodaten und der Technologien hinter GIS die Nutzung dieser für den Kampf lokaler Akteur*innen und Gemeinschaften für ihre Kämpfe und schaffen so Empowerment und Hoffnung (Klinkenberg 2007, S. 357f).

Die Praktiken, die auf der lokalen Ebene entstehen und erprobt werden, können Hoffnung schaffen. Aber erst durch Vernetzungen zu Akteur*innen an anderen Orten und Entscheidungsebenen haben sie Einfluss über die lokale Ebene hinaus und können die Gesellschaft verändern (Cretney 2017, S. 6). Der Erfolg der Veränderung beruht dabei darauf, dass sich die gesellschaftlichen Werte und (Produktions)praktiken gesamtgesellschaftlich ändern (Lawson 2007, S. 336). Das Internet samt Social-Media bietet den Akteur*innen dabei unzählige Möglichkeiten: Die Verbreitung ihrer GIS-Projekte und (open-source) Software, der Austausch von Erkenntnissen, Taktiken und Praktiken zwischen verschiedenen Akteur*innen, wodurch auch andere Gruppen profitieren und mitarbeiten können, und Vernetzung zwischen den Akteur*innen auf den verschiedenen Entscheidungsebenen (Klinkenberg 2007, S. 352; Pavlovskaya 2018, S. 43; Petersen und Barnes 2019, S. 7).

Mit GIS und Geodaten Hoffnung schaffen

Wie bereits gezeigt wurde, werden GIS und Geodaten als Werkzeug in sozialen Kämpfen genutzt. Die Macht, die dieses Werkzeug dabei entfalten kann, basiert auf der Schlüsselstellung, die Geodaten und geographische Informationen in den letzten Jahrzehnten in den Informations- und Wissensgesellschaften errungen haben. So können mit GIS räumliche Fragestellungen zu Umwelt- und Städteplanung, Gesundheitsrisiken, Notfallmanagement etc. untersucht werden und ermöglichen eine bessere Interpretation von Daten und einen räumlichen Erkenntnisgewinn (Klinkenberg 2007, S. 350ff). Lokale Gemeinschaften und Akteur*innen, die gegen soziale Ungerechtigkeiten kämpfen, können die Zusammenhänge zwischen ihren Wohnorten und den Gesundheitsrisiken durch nahe Autobahnen herausarbeiten oder sie können zeigen, wie bestimmte Räume (Geschlechter-)Diskriminierung fördern (Klinkenberg 2007, S. 354ff). Sie können alternative städteplanerische Konzepte erarbeiten, die ihre Nachbarschaften sicherer machen, für eine angemessenere Mischung von Flächennutzungen sorgen oder umweltfreundlichere Verkehrsmittel fördern (Klinkenberg 2007, S. 354ff). Außerdem wird es für eben jene Akteur*innen und Gemeinschaften möglich, die Analysen und Argumente anderer zu entkräften und Ungereimtheiten, Fehler und Auslassungen in deren Analysen aufzudecken (Klinkenberg 2007, S. 352). Damit ermöglicht GIS eine Ermächtigung der Öffentlichkeit durch den Transfer von Wissen aus den Händen einiger weniger in die Hände von vielen, einer Verschiebung des Machtgleichgewichts und wird so zu einem Werkzeug für soziale Transformation (Klinkenberg 2007, S. 350ff; Pavlovskaya 2018, S. 41).

All diese Möglichkeiten hängen mit einem wichtigen Prozess zusammen, der die Entwicklung von GIS und den dahinterliegenden Technologien in den letzten zwei Jahrzehnten geprägt: Die Demokratisierung von Geodaten und der entsprechenden Software (Klinkenberg 2007, S. 357f; Pavlovskaya 2018, S. 42). Diese Demokratisierung wurde vor allem durch Open-Source, Open-Data und der Verbreitung der entsprechenden Tools und Daten über das Internet vorangetrieben, wodurch sehr viele Menschen in die Lage versetzt wurden, Daten zu sammeln, zu verbreiten und Karten zu erstellen (Klinkenberg 2007, S. 352; Pavlovskaya 2018, S. 42). In der Folge haben sich Communities um Kartierungsprojekte gebildet und lokale Gemeinschaften nutzen diese für ihre Kämpfe (Klinkenberg 2007, S. 357f; Pavlovskaya 2018, S. 42).

Das bekannteste Beispiel für die Demokratisierung von Geodaten ist wohl OpenStreetMap. Hier sammeln tausende Freiwillige Geodaten und tragen diese in einer großen Datenbank zusammen, die dank einer freien Lizenz für jede*n nutzbar ist. So besteht unabhängig von staatlichen und privaten Anbietern jederzeit ein Zugang zu einem Geodatensatz der ganzen Welt. Die OpenStreetMap-Datenbank ist aber bei weitem nicht vollständig. Insbesondere im Katastrophenfall kann dies für vulnerable Gruppen gefährlich sein, da Hilfsorganisationen und -Maßnahmen auf Geodaten angewiesen sind. MissingMaps versucht dieses Problem zu mindern, indem Freiwillige Satellitenbilder in die OpenStreetMap-Datenbank abzeichnen und Menschen aus den jeweiligen lokalen Gemeinschaften Details nachtragen. Diese Daten können dann von Hilfsorganisation für Risikomanagement und, im Katastrophenfall, für Hilfsmaßnahmen genutzt werden. Damit verbindet sich eine globale offene Geodatenbank mit der Katastrophenbewältigung lokaler Gemeinschaften. Des Weiteren lassen sich mit Geodaten Citizen-Science Projekte aufbauen, die bspw. Radfahren sicherer machen wollen. Mit dem OpenBikeSensor lassen sich die Überholabstände von Autos messen und auf einer Karte darstellen, wo es für Radfahrende am gefährlichsten ist. Mit dem Trend zu 3D-Geodaten und Daten der Einteilung des Straßenraums lässt sich darstellen, wie viel Platz der jeweilige Verkehrsträger auf der Straße hat. 3D-Ansicht einer Straße in Kiel-Friedrichsort, wo Gebäude als graue Blöcke und die die Aufteilung des Straßenraums zu sehen ist. Hier kennzeichnen verschiedene Farben die Nutzung, bspw. Radweg, Parkplatz, Gehweg etc. Solche Projekte ermöglichen Partizipation in politischen Prozessen, decken Missstände auf und bieten durch die Daten Argumentationsgrundlagen für Verbesserungen. GIS und Geodaten schaffen also zusätzliche Möglichkeitsräume, eröffnen so einen Raum für politischen und sozialen Wandel und schaffen auf diese Weise Hoffnung (Pavlovskaya 2018, S. 41).

Schaffen wir Geographien der Hoffnung

Wir leben nicht in einfachen Zeiten. Denn obwohl das Ende der Geschichte einst ausgerufen wurde, erleben wir und werden in naher Zukunft große Umwälzungen erleben. Die Klima- und Biodiversitätskrise, die unser aller Lebensgrundlagen bedroht, sorgt bereits für viele Katastrophen, die riesigen soziale Ungleichheiten zwischen dem globalen Norden und Süden und innerhalb der Gesellschaften droht diese zu zerreißen und angesichts der multiplen Krisen sind Autoritarismus und Faschismus auf dem Vormarsch. Im Angesicht der Katastrophen besteht dennoch Hoffnung. Wir haben gesehen, dass Katastrophen Möglichkeitsräume öffnen können, da sie die Ungleichheiten wie unter einem Brennglas aufzeigen. Dies können wir nutzen, um Alternativen aufzubauen. Damit schaffen wir Hoffnung. Insbesondere wir Geograph*innen besitzen die analytischen Fähigkeiten und Werkzeuge, um hoffnungsvolle Alternativen aufzuzeigen und aufzubauen. Geographen können und müssen an der Spitze von Analysen stehen, die die Richtung für eine sicherere Welt vorgeben. Wir sollten uns noch stärker in eine Reihe drängender gesellschaftlicher Debatten über zunehmende Ungleichheit und Armut, globale Gesundheitspandemien, ökologische Nachhaltigkeit, Hungersnöte und Konflikte einbringen und dort sichtbar sein. Framing-Analysen der Prozesse, die Angst erzeugen, sollten uns nicht zu Lähmung und Rückzug verleiten. Vielmehr sollte sie uns mobilisieren, ein hoffnungsvolles Verständnis unserer komplexen Welt zu entwickeln. Hoffnungsvolle Analysen können uns dazu bewegen, über die Vermeidung oder Bewältigung verschiedener Gefahren hinauszugehen und eine nachhaltigere, gerechtere und demokratischere Zukunft zu schaffen (Lawson 2007, S. 337).

Neben den Analysen stehen uns mit GIS und Karten Werkzeuge zur Verfügung, die sich konkret in die Kämpfe für eine bessere Welt einbringen lassen. Wir können mit Counter-Mapping die Geschichten marginalisierter Menschen erzählen, wir können Tools erstellen, die Partizipation an politischen (Planungs-)Prozessen ermöglicht, wir können Karten erstellen, die die Zerstörungen in unserer Welt darstellen. Und wir können die Orte auf die Karte setzen, die für alternative Wirtschafts- und Gesellschaftsformen stehen und damit Hoffnung sichtbar machen. Natürlich sind GIS und Karten nicht der Weiheit letzter Schluss in diesen Kämpfen, aber sie sind ein Baustein, mit dem sich nach und nach Geographien der Hoffnung und Veränderungen schaffen lassen.

Literatur

Cretney, R. M. (2017): Towards a critical geography of disaster recovery politics: Perspectives on crisis and hope. In: Geography Compass 11 (1).
Klinkenberg, B. (2007): Geospatial Technologies and the Geographies of Hope and Fear. In: Annals of the Association of American Geographers 97 (2), S. 350-360.
Lawson, V. (2007): Introduction: Geographies of Fear and Hope. In: Annals of the Association of American Geographers 97 (2), S. 335-337.
Pavlovskaya, M. (2018): Critical GIS as a tool for social transformation. In: The Canadian Geographer / Le Géographe canadien 62 (1), S. 40-54.
Petersen, B. und J. R. Barnes (2019): From Hopelessness to Transformation in Geography Classrooms. Journal of Geography 119 (1), S. 3-11.